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Nachhaltigkeit im Krankenhaus: Wie der Einkauf eine grünere Beschaffung aktiv vorantreiben kann

Montag, 28. April 2025

Nachhaltigkeit im Krankenhaus: Der Weg zum Green Hospital führt über den strategischen Einkäufer.Zu viel Abfall und Verschwendung, zu wenig Hybridprodukte, zu hoher Energie- und Ressourcenverbrauch – das globale Gesundheitswesen hat ein Nachhaltigkeitsproblem. Es gibt allerdings gute Nachrichten: Krankenhäuser sind aufgewacht und haben Nachhaltigkeit zum Schlüsselthema auserkoren. Wer ist jetzt in der Verantwortung? Was hat das Thema Nachhaltigkeit mit Transparenz zu tun? Und wie können Medizinprodukte nicht nur nachhaltig beschafft, sondern auch verwaltet werden, um eine grünere Beschaffung zu etablieren?

 

 


 

Wenn Sie an den Ausstoß von CO2-Emmissionen denken, kommt Ihnen wahrscheinlich das Flugzeug in den Sinn. Flugreisen gelten völlig zurecht allgemein als Bedrohung für unser Klima, doch es gibt andere Sektoren, die noch mehr Treibhausgase produzieren – das Gesundheitswesen zum Beispiel. Mit 4,4% liegt der Gesundheitssektor laut einer Studie bei den Emissionen vor dem Flugverkehr und der Schifffahrt. Wie kann das sein?

Die Antwort ist vielschichtiger als bei Flugreisen, denn während die Flugzeug-Flotten dieser Welt vor allem durch die Verbrennung von Kerosin einen bedenklichen ökologischen Fußabtritt hinterlassen, stehen Krankenhäuser vor viel mehr Herausforderungen. Der 24-Stunden-Betrieb sowie die hohen technischen Anforderungen an medizinische Geräte führen zu einem immensen Energieverbrauch, der laut dem Fraunhofer Institut pro Krankenhaus genauso groß ist wie der einer Kleinstadt. Nicht minder bedenklich ist der Ressourcenverbrauch und der daraus entstehende Müll. Auch weil wieder verwendbare Produkte im Gesundheitswesen kaum im Einsatz sind, produzieren Kliniken hierzulande jährlich 4,5 Millionen (!) Tonnen Abfall, die natürlich auch entsorgt werden müssen.

 


 

Während Flugreisen vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie wenig bis gar nicht stattgefunden haben, ist der Ressourcenverbrauch in Krankenhäusern in den vergangenen Jahren noch einmal massiv gestiegen. Das einzig Gute daran: Der inflationäre Einsatz von Einwegplastik und die Entsorgung von PSA-Produkten nach einmaligem Gebrauch hat auch die Debatte über die Nachhaltigkeit von globalen Lieferketten im Gesundheitswesen angestoßen.

Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Krankenhaus Instituts hat jedes zweite Krankenhaus Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie verankert. Gesundheitsorganisationen sehen sich demnach mehr denn je in der Verantwortung, ihre Ressourcen besser zu managen – von der Beschaffung über die Lagerung bis zur Abfallentsorgung.

 


 

Im Zuge der strategischen Neuausrichtung haben viele Kliniken neue Rollenprofile geschaffen und Sustainability Manager installiert, die sich primär um das Thema Nachhaltigkeit kümmern. Mindestens genauso wichtig ist meiner Meinung nach aber der strategische Einkauf, der in seiner Position schon lange nicht mehr nur Produkte einkaufen, sondern auch Chancen aufzeigen muss, die Organisation effizienter und nachhaltiger aufzustellen.

Der klassische Einkauf, der lange Zeit nur Bestellungen und Preisverhandlungen beinhaltete, vollzieht damit eine Transformation, die wir in anderen Industrien schon lange beobachten können. Entscheidungsträger im Krankenhaus müssen sich die Frage stellen, welche Werte der Einkäufer für die Kliniken künftig schaffen kann. Und da kann es meiner Meinung nach nur einen Weg geben: weg von analogen Prozessen, die Zeit und Ressourcen kosten, hin zu digitalen Lösungen, die auf Basis von Daten ein entscheidender Faktor in der Wertschöpfungskette spielen werden und damit ein maßgeblicher Treiber für eine grünere Beschaffung sind.

 


 

Eben ist es vielleicht schon durchgeklungen, aber ich möchte es an dieser Stelle gerne noch einmal betonen: Für mich ist der strategische Einkäufer im Krankenhaus künftig die Schlüsselfigur, um das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben. Er bildet nämlich die Schnittstelle zwischen der Organisation und den externen Partnern, und ist damit die Person, die die CO2-Entwicklung in den Händen hält und nachhaltige Prozesse in Abstimmung mit dem Sustainability Manager etablieren kann.

Die Grundlage für die Arbeit des Einkaufs und damit auch der Schlüssel zu einer grüneren Beschaffung im Krankenhaus sind Daten. Nicht nur die Krankenhaus-Daten, sondern auch die Daten der Hersteller und Lieferanten, die optimalerweise auf einer digitalen Plattform zusammengeführt werden. Der Einkäufer kann die Beschaffung in diesem Fall so steuern, dass Artikel, Produkte und Medikamente jederzeit zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sind, und zwar in der Menge, die auch wirklich gebraucht wird.

 


 

Eine verbesserte Transparenz versetzt Einkäufer auch in die Lage, auf Trends in der Nutzung von Medizinprodukten zu reagieren. Krankenhäuser sind damit nicht nur auf Nachfragesteigerungen vorbereitet, sie reduzieren auch den Abfall, weil sie durch Echtzeit-Daten jederzeit den Bestand im Krankenhaus einsehen und die Bestellungen anpassen können. Effiziente Bestellabläufe, die unnötige Transporte minimieren und Lieferfrequenzen optimieren, führen schon kurzfristig zu weniger Materialverschwendung sowie einer Reduzierung von CO2-Emmissionen, die sich langfristig auch in den Bilanzen von Krankenhäusern widerspiegelt.

Während manuelle Prozesse sowohl Zeit als auch Geld kosten, verschaffen sich Kliniken mit digitalen Lösungen für die Beschaffung auch einen besseren Überblick über ihre Bestellungen und die damit verbundenen Kosten. Anstatt für die Nachverfolgung von Anfragen viel Zeit aufzuwenden, können sie ihre Lieferungen effizient verwalten und vermeiden unkontrollierte Ausgaben, die oftmals auch zu Problemen bei der Einhaltung von Verträgen führen. Krankenhäuser, die für ihr Beschaffungsmanagement auf intelligente Software-Lösungen fördern nicht nur das Thema Nachhaltigkeit im Krankenhaus, sondern senken ganz nebenbei auch noch ihre Maverick-Buying-Quote.

 


 

Dass das Thema Nachhaltigkeit mit effizienten Prozessen und Kosteneinsparungen einhergeht, zeigt sich auch in der Bestandsverwaltung. Krankenhäusern fehlt oftmals der Überblick über ihre Bestände, sodass es regelmäßig zu Überbestellungen kommt, die nicht nur zu mehr Abfall, sondern logischerweise auch zu steigenden Ausgaben führen. Erinnern Sie sich nur an den Ausbruch der Corona-Pandemie, als PSA-Artikel auf der einen Station händeringend gesucht und für viel Geld nachbestellt werden mussten, während genau diese Artikel auf einer anderen Station noch ausreichend auf Lager waren.

Durch intelligente Lösungen für die Bestandsverwaltung gewinnen Krankenhäuser einen besseren Überblick über ihre Bestände und tragen so maßgeblich dazu bei, das Risiko von Überbestellungen zu verringern und unnötige Abfälle zu vermeiden. Netter Nebeneffekt: Im Falle von Rückrufen von medizinischen Produkten sparen Kliniken zusätzlich Zeit, die besser den Patienten zugutekommen sollte. Denn nicht nur Geld, sondern auch die Zeit ist im Gesundheitswesen ein knappes Gut, das richtig eingesetzt werden will.

 


 

Letztlich kommen Krankenhäuser nicht daran vorbei, Nachhaltigkeit zur Chefsache zu machen. Das erfordert eine ganzheitliche Strategie, die mit einer Transformation der Beschaffungsprozesse verbunden sein wird. Dabei gilt es, die große Anzahl an unterschiedlichen Informationen, Kategorien und Datenpunkten zu gewinnen, zusammenzuführen, automatisiert zu analysieren und die Effekte aus den abgeleiteten Handlungen zu bewerten – ein Kreislauf, der langfristig zu effizienteren und vor allem auch zu nachhaltigeren Prozessen und Strukturen führen wird.

Die Königsdisziplin nimmt dabei die kontinuierliche Analyse und Optimierung der Lieferkette ein. Um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und nachhaltig zu wirtschaften, ist ein hoher digitaler Reifegrad in der Beschaffung unerlässlich. Krankenhäuser, die für ihre Beschaffung und Bestandverwaltung auf manuelle Prozesse setzen, können niemals die Daten gewinnen, die nötig sind, um Nachhaltigkeitskriterien zu ermitteln und messbar zu machen. Natürlich wird der Einkäufer sein Krankenhaus nicht im Alleingang zum Green Hospital transformieren – seine Arbeit ist auf dem Weg dahin aber wichtiger denn je.

 

Geschäftsführer

Dr. Christoph Luz

Geschäftsführer

Dr. rer. med. Christoph Luz, Geschäftsführer der GHX Europe GmbH, ist ein ausgewiesener Experte für Supply-Chain-Lösungen im Gesundheitswesen. Mit seinem umfangreichen Fachwissen, das er aus seiner mehr als 30-jährigen Vergangenheit im IT-Bereich sowie im strategischen Management zieht, gilt er in Deutschland, der Schweiz und Österreich als eine der Schlüsselfiguren der Branche.